Prozesschritte einsparen, Qualität erhöhen

Hersteller von SMC-Gehäusen setzt auf PIMC-Verfahren von FreiLacke

 

PIMC FreiLackeDie grauen Strom- und Verteilerschränke, die an Fußwegen, in Vorgärten oder an Grundstücksrändern stehen, finden selten Beachtung – nur Kinder nutzen sie gelegentlich zum Versteckspielen oder als Turnpferd. Ihre Gehäuse sind Wind und Wetter ausgesetzt, tagaus, tagein, manchmal über einige Jahrzehnte hinweg. Wer genau hinschaut, erkennt an älteren Modellen eine Verwitterung der Deckschicht sowie ein Zersetzen der Harzschicht an der Oberfläche, sodass die Fasern des Gehäuses durchschimmern. Dabei leidet nicht nur der optische Eindruck, sondern in geringem Grade auch die Mechanik und Brandfestigkeit.

Ein Hersteller solcher Gehäuse ist die Mitras Composites GmbH aus Radeburg bei Dresden. Das Unternehmen fertigt die einzelnen Komponenten aus Sheet Molding Compound (SMC), also plattenförmigen, teigartigen Pressmassen aus duroplastischen Reaktionsharzen und Glasfasern. Die flächigen Fasern sorgen für sehr gute mechanische Eigenschaften. „Das SMC wird in 150 °C heißen Stahl-Presswerkzeugen in Form gebracht und verteilt sich unter Druck und hoher Temperatur gleichmäßig darin. Die einsetzende Polymerisation sorgt für eine Vernetzung des Materials und härtet es in seiner endgültigen Form aus“, erklärt Sebastian Titze, Projektleiter Forschung & Entwicklung bei Mitras.

Aufwändige Logistik

Ein Kunde, für den Mitras auch Kabelverteilerschränke produziert, forderte auf speziellen Kundenwunsch eine höhere Oberflächenqualität. Für das Radeburger Unternehmen war die Herstellung dieser Bauteile bis vor kurzem ein logistisch sehr aufwändiger Prozess. Die Bauteile wurden extern bei einem Lohnbeschichter nasslackiert, zum Versand aber zurück nach Radeburg geholt. „Insgesamt waren neun einzelne Prozessschritte nötig, bis das Bauteil versandfähig war“, erklärt Titze. „Der Aufwand war schlichtweg immens und verursachte hohe Kosten.“
Für die gesteigerte Oberflächenqualität „war dem Kunden vor allem eine maximale Witterungs- und Kratzbeständigkeit wichtig, aber auch ein hoher Graffitischutz, sowie eine sehr gute Beständigkeit gegen aggressive Reinigungsmittel und ätzende Lösungen, die beim Entfernen der Verschmierungen eingesetzt werden“, erklärt der Projektleiter.

PIMC im Test

Deshalb testete man bei Mitras Anfang 2015 das Powder In-Mould Coating (PIMC)-Verfahren. Bei diesem einstufigen Prozess wird elektrostatisch aufgeladener Pulverlack auf Basis von UP-Harzen auf das heiße Werkzeug aufgetragen. Beim Heißpressen geht dieser eine chemische Verbindung mit dem Werkstoff ein, die kratzfest und sehr beständig gegen Chemikalien, Graffiti und UV-Strahlung ist, was vor allem für Teile im Außeneinsatz von Vorteil ist. Das Team baute in Eigenregie eine manuelle Bemusterungsanlage auf. Die ersten Versuche mit Handbeschichtung seien sehr vielversprechend gewesen, so Titze. Allerdings war den Verfahrenstechnikern von Anfang an klar gewesen, dass für die Serienproduktion nur eine automatisierte Lösung in Frage kommen würde, die Mitras dann später im selben Jahr, ebenfalls in Eigenregie, baute. Sie umfasst einen Roboter, eine Absaugung sowie eine Pulveranlage.

Feinjustierung am Pulverlack

PIMC FreiLackeMit FreiLacke fand Mitras einen zuverlässigen Lacklieferanten für das Verfahren: „Wir haben viel Unterstützung beim Applikationsprozess bekommen. Die Mitarbeiter von FreiLacke sind bei Prozesseinführung wirklich Tag und Nacht für uns erreichbar gewesen. Immer wieder waren spontane Anpassungen am Pulver möglich“, so der Ingenieur.
Frei Lacke verfügt in seinem Labor in Döggingen / Schwarzwald über eine hochmoderne Laborpresse mit Kühleinheit, die alle Voraussetzungen erfüllt, um Muster zur Ansicht oder für Prüfungen zu erstellen. „Damit haben wir für Versuche auf dem Originalsubstrat und mit unterschiedlichen Zeit-, Temperatur- und Druckeinstellungen durchgeführt“, erklärt Peter Lobendank, Systemkoordinator Branchen bei FreiLacke. Zudem wurden im Labor immer wieder Oberflächen- und Ursachenanalysen vollzogen, bis exakt die richtigen Parameter gefunden waren. Das FreiLacke-Team unterstützte die Sachsen darüber hinaus bei Implementierung des Prozesses, bei der Verbesserung des Auftragswirkungsgrads, der Anlagenauslegung und bei vielem mehr. „Auch in Bezug auf die Entwicklungsarbeit sind wir hochzufrieden“, sagt Sebastian Titze. Kein Wunder also, dass inzwischen das nächste Gemeinschaftsprojekt der beiden Unternehmen gestartet ist.

Extreme Witterungsbeständigkeit

Farblich bietet das PIMC ein breites Spektrum, da beinahe alle RAL-Farben verwendet werden können. Die Kabelverteilerschränke werden bei Mitras allerdings schlicht in grau beschichtet. Seltene Aufträge gibt es in grün oder orange– letzteres vor allem für Kommunen. Zudem sind mit PIMC auch Spezialanwendungen wie Hochglanz, Mehrfarbigkeit und Metallic-Graniteffekte möglich. Das Material ist frei von Lösemitteln, Gefahrenstoffen oder krebserregenden Rohstoffen. „PIMC ist brandhemmend nach EN45545, HL3, R1 und kann dank seiner guten Eigenschaften für viele Anwendungen genutzt werden. Seine hohe Witterungsbeständigkeit prädestiniert es für den Außenbereich. Unsere PIMC-Lacke haben im Fassadenstandardbereich in den Tests von 300 Stunden nach QUV-B einen Restglanz von über 50 % ergeben“, erklärt Peter Lobendank. Dank seiner Barriereeigenschaften ist PIMC auch als Primer für die Automotive-Branche geeignet.

Ein Prozess, viele Faktoren

Den Umstellungsprozess auf PIMC bezeichnet Sebastian Titze als „Kennlernprozess“. Dieser sei sehr komplex und anstrengend gewesen, denn teilweise mussten neue Werkzeuge gebaut und auf Serienstand gebracht werden. Zudem spielten in dem Prozess viele Faktoren hinein – der Pulverlack ebenso wie der SMC-Rohstoff, die Temperatur ebenso wie die Formen. „All diese Parameter unterliegen Variationen und haben jeweils Einfluss auf den Prozess“, so Titze. Durch kontinuierlich fortgeführte Versuchspläne konnte auf allen Ebenen eine Optimierung als auch Verbesserung im Entwicklungsprozess erzielt werden.

Prozessschritte eliminiert

Das Verfahren ist inzwischen seit sechs Monaten bei Mitras im Einsatz. In Radeburg hat jedoch nicht nur die Oberflächenqualität von der Umstellung auf PIMC profitiert. Auch das Handling der Bauteile ist deutlich effizienter geworden. Durch die Umstellung konnten mehrere Prozessschritte eliminiert werden – die Einbindung externer Dienstleister und die aufwändige Logistik entfällt. Die Teile bleiben bis zu ihrer Fertigstellung im Hause und können dann umgehend versandt werden.


Autoren

John-David Mäbert
Mitras Composites GmbH

01471 Radeburg
Tel. +49 35208 83 321
Mail johndavid.maebert@mitras-composites.de
Peter Lobendank
Emil Frei GmbH & Co. KG

78199 Bräunlingen
Tel. +49 7707 151 286
Mail p.lobendank@freilacke.de

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